Turm der Zeiten
Beschreibung des Kunstwerks
Das riesige Wandgemälde zum Thema der Evolution ist im Eingangsturm des naturhistorischen Landesmuseums in Mainz. Da der Konzern (zum Ärger der Kunstgremien) zusammen mit dem Architekten selbst über den Künstler entschied, bekam ich den Auftrag. Die Einweihungsfeier war politisch prominent besucht. Das Wort „Fresko“ wird hier allgemein im Sinn von „Wandmalerei“ benutzt. Es wurde dazu vor allem meine „Laubtechnik“ verwendet. Siehe Maltechnik Ein bequemes Gerüst und eine Hebebühne haben die Arbeit wesentlich erleichtert. Für die Darstellung eines solch anspruchsvollen Themas bedurfte es zuvor Studien und Lektüren, die weit über das hinausgingen, was man dann wirklich verwendet hat. Es gab ja noch kein Internet, in dem man z. B. nach thematisch verwandten Darstellungen suchen konnte.
Evolution
Das Ziffernblatt der Weltuhr zeigt die Erdzeitalter an. Es zeigt gerade auf die Zeit der „Geburt“ des Menschen, die selbst im Zentrum dargestellt ist. In Anlehnung an eine Szene aus Kubricks Film „Odyssee 2001“ zeigt sie das ahnungsvolle Erschrecken der Affen angesichts dieser „Geburt“. Auch der untere Teil des Freskos illustriert diese Zeit. Dort entwächst aus der Seite des Buchs der Zeiten eine menschliche Figur. Mit dem Vorrücken des Zeigers blättert eine „göttliche“ Hand das Buch der Erdzeitalter weiter. Der ganz oben zitierte großartige Satz Hölderlins „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“ bringt das Motto, die ökologische Zielvorstellung, zum Ausdruck.
Technik
Zur Erzeugung einer randomisierten Grundstruktur der Oberflächen wurde die Blättertechnik Maltechnik verwendet. Da sich dafür nur trockenes, altes Laub mit zerbrechenden Blättern eignet, war der Boden des Turms mit trocknendem alten Laub bedeckt. Das war eine der als Kuriosität aufgenommenen Besonderheiten der Malweise. Lokal waren meist mehrere Arbeitsgänge notwendig, zwischen denen die Formen mit Schablonen und Pinseln angepasst wurden. Die Arbeit am großen Mittelteil des Freskos geschah vom Gerüst aus. Eine Hebebühne ermöglichte auch die Bemalung der beiden Randflächen und der Turmdecke sowie zur Mittagszeit eine kurze Siesta in luftiger Höhe. Es war viel Arbeit, doch zugleich ein Sommerlaub der besonderen Art.
Rückblick
Jetzt ist das schon 30 Jahre her. Sicher würde ich heute einiges anders machen als damals. Aber alle Grundideen und der größte Teil ihrer Ausführung gefallen mir noch heute. Rückblickend muß ich mich vor allem wundern, daß ich diesen prominenten Auftrag überhaupt erhielt. Denn ich mußte ihn in meinem Jahresurlaub realisieren, hatte keine Kunstausbildung und keinerlei Beziehung zur Kunstszene, stattdessen deren Widerstand. Letzteres schien aber sogar positiv zu wirken. Entscheidend waren die mutige Empfehlung des Architekten, der aufwändige Entwurf, der der Konzernleitung gefiel. Wichtig war auch ihr offenbar bewußter Verzicht auf den Rat akademischer Kunstexperten.
Werkdaten
| Kunstwerk: | Turm der Zeiten |
|---|---|
| Nummer: | 248 |
| Künstler: | Ulrich Perret |
| Motiv: | Wandgemälde, Fresko zur Evolution |
| Stil: | Moderner Symbolismus, Wandmalerei |
| Motivfarbe: | helle, transparente gelblich-rote Erdfarben |
| Hintergrundfarbe: | gelblich, rötlich |
| Maltechnik: | Eigene Fresko-Technik |
| Malfarben: | verdünnte Acrylfarben |
| Aufbau: | Riesenfresko, Wandmalerei |
| Material: | Wand |
| Rahmen: | kein Rahmen |
| Format: | senkrechtes Format, Größe 9 x 16 m |
| Jahr: | 1996 |
| Art: | Original handgemalt |
| Unikat Preis: | UNVERKÄUFLICH |
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Story
Turm der Zeiten
Aus Anlaß des 100. Firmenjubiläums spendete der Glas-Konzern Schott dem Naturhistorischen Landesmuseums in Mainz einen hohen Turm als neues Entree, den „Turm der Zeiten“. Die zwei nicht gläsernen Wände des Turms wurden als großes Fresko (16 m Höhe) gestaltet. Es stellt die Evolution als „Erduhr“ dar. Die Figuren sind Versteinerungen ihrer selbst.
Über allem steht (lateinisch) Hölderlins Satz „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“. Seine vielfache Bestätigung in der Evolution sei jetzt ein Gebot, für seine auch künftige Geltung zu kämpfen. Das war das Motto des Freskos, ein Motto mit starker ökologischer Implikation, noch bevor es in der Gesellschaft und der Politik zu einem dominierenden Thema wurde.